Ein Tag auf meiner Loggia

Seiteninhalt / Table of Contents

Jedes Jahr, wenn der Kalender mir das Ende des Sommers ankündigt, treibt mich eine geheimnisvolle Energie raus. Raus aus meinem Sofa, rein in meinen luxuriösen Gartensessel in Türkis gehalten.

Bequem zum Liegen in der Sonne und auch passabel zum langen Sitzen, selbst für meine verbogene Wirbelsäule. Pflegeleicht, falls mal der Kaffee oder andere Flüssigkeiten darauf landen sollten. Leicht zusammenklappbar, wenn er dann in den Winterschlaf geschickt wird. Aber noch ist es nicht so weit, und er darf mir noch seine angenehme Sitzfläche zur Verfügung stellen.

Um tatsächlich den Schritt raus an die frische Luft zu tun, bedarf es einer akribischen Zeremonie. Sämtliche Dinge, die ich benötige, werden auf einem kleinen Tisch platziert. Jenes hölzerne vierbeinige Möbel ist wohl in meinem Alter, also zusammengebaut in den Sechzigern. Ausgestattet mit der damals gängigen Resopalplatte in Rot, welche beinahe unzerstörbar allen Witterungsbedingungen trotzend an der Wand lehnt. Manchmal lege ich ein Tuch darüber, um das alte Kleinod ein wenig zu schonen oder vielleicht auch weil es gemütlicher wirkt.

Tischlein deck dich! Was braucht es für entspannte Stunden? Kaffee, Zigaretten, Aschenbecher, ein Buch, mein Tagebuch plus Füllfeder, ein kaltes Getränk. Für akustische Unterhaltung sorgt Musik aus dem Laptop, da kann ich mir meine Playlist persönlich zusammenstellen. Was dann so gespielt wird, entscheide ich nach Lust und Laune, wonach mir gerade halt so ist.

Tisch Loggia Tagebuch Zigaretten Buch Füllfeder Aschenbecher
Tissch - Loggia

Ein Song führt zum anderen. Ein Gedanke zum nächsten. Heute beginne ich mit dem Album: „You want it darker“ von Leonard Cohen. Wurde in einem, von mir gerne gehörten Podcast, erwähnt und empfohlen. Lasse mich darauf ein. Das heißt ich kann sämtliche Dinge aus der Hand legen und lediglich in die Luft starren. Gut da sind viele Dinge dazwischen und stehen herum. Ich beobachte die wogenden Bewegungen der zum Trocknen aufgehängten T-Shirts. Sie krallen sich an den ihnen zugewiesenen Kleiderhaken fest und schaukeln gleichmäßig hin und her.

Aufgereiht wie geschnittenes weißes Brot, also Toastscheiben in der Packung baumeln sie auf einer Stange, welche ein Bestandteil einer grauen Sitzbank ist. Hergestellt aus Metall, benannt nach einem schwedischen Jungen namens: „Svän“ oder so. Die Maße und Funktionalität haben mich damals zum Kauf motiviert. War zwar ein wenig skeptisch bezüglich der Sitzbank, da sie ja aus Alu besteht. Doch überraschenderweise, keineswegs kalt und unangenehm zum Sitzen. Macht wohl der Anstrich und die löchrige Fläche um darauf angenehm zu verweilen. Passgenau an der Breitseite meiner Loggia, welche im Jahre 2006 gelb gestrichen wurde.

Die nach oben aufgebauten Stangen dienen laut Gebrauchsanleitung als Rankgitter, ich nutze sie als Wäschetrockner und für allen möglichen Krimskrams, den man halt so am Balkon aufhängt. An der hinteren oberen Querstange baumelt ein Stoffaffe samt Baby, einst aus dem Schönbrunner Tiergarten mitgebracht. Ab und an kommt er in die Waschmaschine, damit er nicht völlig vergammelt herumhängt. Seine Haare sind etwas länger, ein kleiner Hippie, muss halt gepflegt werden.

Einzelne Blumenampeln, die derzeit leer und ohne Funktion sind. Eventuell als Behausung für Insekten oder anders Kleingetier. Über der Sitzbank habe ich ein von mir gemaltes Bild (Größe: 100 x 70 cm) mit einem S-Haken befestigt. Gemalt ist vielleicht nicht ganz die richtige Bezeichnung, eher Action Painting, ein Chaos aus Farbkleksen. Dennoch wirkt es harmonisch in meinem kleinen Kosmos, hier auf der Loggia.

Wobei, jetzt habe ich nachgelesen, so wirklich eine Loggia ist es dann doch auch nicht. Diese waren und sind wesentlich prunkvoller, als meine Betonlaube. Aber ein Balkon ist es eben auch nicht, denn der ist am Gebäude angebracht, und eine Loggia ein Teil des Gebäudes. Somit zum Wohnraum gehörend und ich zahle dafür Miete. Eine kleine Stufe und ich bin in der Natur. Auch wenn die Bepflanzung heuer zu wünschen übriglässt. Der Versuch einiges zum Gedeihen zu bringen ist gescheitert. Warum auch immer, wahrscheinlich viel zu heiß.

Bis zu 45 Grad tagsüber. Die zum Osten und Süden ausgerichtete Lage begünstigt das tropische Klima. Davor schützt auch die vor Jahren aufgestellte Markise nicht. Grün, weiß gestreift trotzt sie der Sonne, manchmal den Regen, wenn ich sie nicht zu kurble. Mittlerweile sind die Farben ein wenig ausgebleicht, aber sie vermittelt mir noch immer das Gefühl unter dem Sonnenschirm mediterraner Kaffeehäuser oder lauschigen Gastgärten zu verweilen.

Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich beinahe den gesamten Sommer, nicht so oft draußen verbringe. So wie auch der Kater, welcher dann unter dem Sechzigerjahre Kindertischchen herumkugelt. Jetzt wo es temperaturmäßig erträglicher geworden ist, liegt er eingerollt auf einem alten Fetzenteppich, welcher auf der Gartenbank mit Rankhilfe aufgelegt ist.

Kater Willi unter dem Tisch auf der Loggia
Willi unterm Tisch
Willi auf dem Fetzenteppich Gartenbank
Willi Fetzenteppich

Der Stromsparmodus meines Laptops hat sich gemeldet. Entweder verlege ich mühsam ein Kabel, oder ich beende vorerst einen der letzten Tage hier auf meiner Loggia. Freiheit außerhalb, oder doch innerhalb meinen vier Wände. Garten, Kaffeehaus, Musikclub, Schreibstube und vieles mehr in Einem. Manchmal Atelier oder Schlafbereich. Ein Konglomerat aus (beinahe) allem was ich mag und benötige um zufrieden zu sein.

Related Images:

Schreibe einen Kommentar

Consent Management Platform von Real Cookie Banner